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ie deutsche Bauwirtschaft erlebt derzeit eine Zäsur. Der jahrelange Fokus auf Neubauten weicht einem klaren Trend zur Bestandssanierung. Immer mehr Akteure der Branche richten ihre Strategien neu aus – weg von teuren Neubauprojekten, hin zur Modernisierung und energetischen Aufwertung bestehender Gebäude.
Neubau in der Krise
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 2024 fiel die Zahl der Baugenehmigungen auf den niedrigsten Stand seit über einem Jahrzehnt. Nur rund 216.000 Wohnungen erhielten eine Genehmigung – ein Rückgang um fast ein Fünftel gegenüber dem Vorjahr. Das Regierungsziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr bleibt in weiter Ferne.
Für 2025 rechnen Fachleute mit lediglich 200.000 bis 230.000 Fertigstellungen. Damit bleibt der Neubau weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurück. In den Städten fehlen weiterhin zehntausende Wohnungen, während Bauherren mit steigenden Kosten und komplexen Auflagen kämpfen.
Ursachen der Baukrise
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen belasten die Branche seit Jahren. Steigende Bau- und Materialpreise, hohe Zinsen und teure Energie machen viele Projekte unrentabel. Investoren ziehen sich zurück, Projektentwickler stoppen laufende Vorhaben.
Laut Prognosen droht dem deutschen Wohnungsbau ein Rückgang um fast die Hälfte bis 2027. Damit verliert Deutschland den Anschluss an andere europäische Länder, die trotz schwieriger Märkte deutlich mehr bauen. Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes spricht bereits vom fünften Jahr mit realen Umsatzverlusten. Die Krise greift tief in die gesamte Wertschöpfungskette ein – vom Handwerk über die Planung bis zur Finanzierung.
Sanierung als Chance
Während der Neubau stagniert, rückt die Sanierung bestehender Immobilien in den Mittelpunkt. Alte Gebäude bergen enormes Potenzial. Wer heute saniert, investiert nicht nur in den Werterhalt, sondern schafft zugleich neuen Wohnraum und verbessert die Energieeffizienz.
Modernisierungen dauern meist deutlich kürzer als ein kompletter Neubau. Sie sind wirtschaftlicher und entlasten gleichzeitig die Umwelt. Eine sanierte Bestandsimmobilie verursacht über ihren Lebenszyklus hinweg rund die Hälfte weniger CO₂ als ein Neubau. Damit werden Sanierungen zum zentralen Baustein der Klimawende im Gebäudesektor.
Auch für Eigentümer ergeben sich neue Perspektiven: Energetische Modernisierungen senken langfristig die Betriebskosten, steigern den Wert der Immobilie und sichern die Vermietbarkeit. Käufer profitieren von einem nachhaltigeren Marktumfeld, in dem Energieeffizienz, Lage und Substanz zunehmend über den Preis entscheiden.
Nachhaltigkeit und ESG als Treiber
Immer mehr Investoren richten ihre Entscheidungen an ESG-Kriterien aus – also an Umwelt, Sozialem und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Bestandsobjekte, die durch Sanierungen eine bessere Klimabilanz erreichen, gewinnen dadurch an Attraktivität. Förderprogramme und steuerliche Anreize verstärken diesen Trend.
Für Kapitalanleger entstehen so neue Chancen. Statt hohe Summen in unsichere Neubauprojekte zu investieren, konzentrieren sich viele auf die Aufwertung bestehender Immobilien. Diese Strategie reduziert Risiken, schafft planbare Renditen und erfüllt zugleich Nachhaltigkeitsanforderungen.
Neue Wohngemeinnützigkeit: Ein Modell mit Potenzial
Ein weiterer Baustein der aktuellen Wohnungspolitik ist die sogenannte „Neue Wohngemeinnützigkeit“. Seit Anfang 2025 gilt ein neues Fördermodell, das gemeinnützige Bauträger, Stiftungen und kommunale Gesellschaften steuerlich entlastet.
Im Gegenzug verpflichten sich diese Anbieter, dauerhaft bezahlbare Mieten anzubieten. Ziel ist es, mehr Menschen Zugang zu günstigem Wohnraum zu verschaffen und den Mietmarkt zu stabilisieren. Rund 60 Prozent aller Haushalte könnten theoretisch profitieren.
Ob diese Anreize jedoch ausreichen, um den stagnierenden Neubau nennenswert zu beleben, bleibt offen. Kritiker bezweifeln, dass die steuerlichen Vorteile groß genug sind, um das hohe Investitionsrisiko auszugleichen.
Politische Unsicherheit bremst Investitionen
Ein entscheidender Faktor für die Zukunft des Marktes ist die Planbarkeit politischer Rahmenbedingungen. Bauverbände und Projektentwickler fordern seit Monaten klare Leitlinien und weniger Bürokratie. Ständige Änderungen bei Energieeffizienzvorgaben und Förderprogrammen erschweren langfristige Kalkulationen.
Zudem hemmen komplizierte Genehmigungsverfahren und langwierige Abstimmungen mit Behörden die Umsetzung von Projekten. Ohne verlässliche Regeln und stabile Förderstrukturen droht die Erholung der Branche zu scheitern.
Die nächsten 18 Monate entscheiden
Viele Marktteilnehmer sehen die kommenden anderthalb Jahre als entscheidende Phase. Sollte sich die Zinslage entspannen und die Baupreise stabilisieren, könnte sich der Markt langsam erholen. Bleibt dieser Effekt jedoch aus, droht ein weiterer Rückgang auf nur rund 150.000 fertiggestellte Wohnungen pro Jahr.
Die Branche steht damit an einem Wendepunkt. Zwischen Pessimismus und vorsichtiger Hoffnung wächst der Druck auf Politik und Wirtschaft gleichermaßen, Lösungen zu finden.
Fazit: Bestand wird zur Zukunft des Wohnens
Die aktuelle Krise verändert den deutschen Immobilienmarkt grundlegend. Der Fokus verschiebt sich weg vom teuren Neubau hin zu intelligenten Konzepten im Bestand. Eigentümer, die heute sanieren oder modernisieren, sichern sich langfristige Vorteile – sowohl ökonomisch als auch ökologisch.
Die Zukunft des Wohnens in Deutschland entsteht nicht mehr auf der grünen Wiese, sondern in bestehenden Quartieren und Gebäuden. Wer jetzt handelt, profitiert von sinkenden Energieverbräuchen, steigenden Immobilienwerten und einer wachsenden Nachfrage nach nachhaltigem Wohnraum.
Quelle: Börse Express
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